Nirgendwo in Deutschland ist die Burgendichte so hoch wie auf der Schwäbischen Alb. Nirgendwo in Baden-Württemberg findet man so viele Burgen, Ruinen und Schlösser auf kleinstem Raum wie im Lautertal.
Die Schwabenalb ist ein Mittelgebirge, dass sich von Ellwangen in einem breiten Band nach Tuttlingen zieht. Die Große Lauter fließt in weiten Schwüngen, von der Quelle in der Nähe von Gomadingen, bis in die Donau und ist eine fabelhafte Wander- und Burgenregion.
Tourensteckbrief
- Charakter:
Wandern (T1) - Anforderung:
Kondition - Start/Ziel:
Wanderparkplatz in Bichishausen - Distanz: 31,5 km
- Reine Gehzeit: 7:45 h
- Höhenmeter: ↑ 1.050 m • ↓ 1.050 m
- Einkehr/Übernachtung:
Burg Derneck • in Anhausen
Etappen & Gehzeiten
- Burg Bichishausen (0:00 h)
- Burg Derneck (0:00 h)
- Gerberhöhle (0:00 h)
- Burg Warstein (0:00 h)
- Burgstall St. Ruprecht (0:00 h)
- Wanderparkplatz Bichishausen (7:45 h)
Sehenswürdigkeiten
Burg Hohengundelfingen • Burg Niedergundelfingen • Burg Derneck • Burg Schülzburg • Burg Maisenburg • Burg Wartstein • Burg Monsburg • Burg St. Ruprecht
Das Lautertal und seine Burgen
Frohen Mutes pilgern wir los und nach ein paar Minuten passieren wir ein doppeltes Wachhäuschen, das die ehemalige Religionsgrenze zwischen evangelischem und katholischem Gebiet markiert. Schon stehen wir am Fuße des Burghügels der Ruine Bichishausen. Diese Ruine habe ich schon lange im Visier und jetzt stehe ich gleich inmitten ihrer Mauern. Die Überreste der Burg sind sehr beeindruckend. Der Palas thront mächtig über mir auf einem Fels. Da fühlt man sich irgendwie klein. Wie das wohl gewirkt haben muss, als die Burg noch intakt war – vor ca. 800 Jahren?
Im Lautertal lässt es sich ab Bichishausen übrigens schön entspannt und ruhig flussabwärts paddeln. Bootsverleih? Ja, den gibt es in dort auch. Wir sind aber Männer auf Schusters Rappen, also geht es über einen geteerten Weg an der Großen Lauter entlang, auf die Ruine Hohengundelfingen zu. Ein Tipp: Das Museum Anton Geiselhart in Gundelfingen. Wir passieren es, lassen es aber hinter uns. Die Ruine erreichen wir, nachdem wir die Landstraße Wittstaig gequert und den Burghügel, erst zwischen Fachwerkhäusern, dann durch den Wald, erklommen haben. Hohengundelfingen liegt erhöht auf einem felsigen Hügel. Wir steigen sofort auf den Turm und haben einen sagenhaften Blick auf das Tal der Großen Lauter und auf Niedergundelfingen – eine Gegenburg.
Beim Abstieg denke ich mir, dass ich da als kleiner Junge mächtig viel Spaß gehabt hätte, auf dieser Burg. Letztlich sind ja meine Eltern verantwortlich, dass ich Burgen und Ruinen so sehr liebe. Ich glaube, ich brauche wirklich einen kleinen Sohnemann, um diesen Burgen-Zauber aus Kindheitstagen noch mal zu erleben. Da muss ich eben auch mal Verantwortung übernehmen. Unser nächstes Ziel heißt derweil Burg Derneck. Dafür müssen wir den bewaldeten Hügel hinter uns lassen, ins Tal absteigen und auf der anderen Seite – klar was sonst – wieder hinauf.
Das schöne an der Tour ist die abwechselnde Landschaft der schwäbischen Alb. Wir laufen den ganzen Tag im Lautertal durch Wälder, über Hügel und Felder, an Felsen entlang und durch kleine verträumte Dörfer. So erreichen wir schließlich die Burg Derneck, ein Wanderheim des Schwäbischen Albvereins – mit Bewirtschaftung. Die Burg ist frei betretbar und das machen wir auch. Das umgebende Gelände hält auch einen großen Spielplatz bereit. Blöd, habe keine Kinder dabei, also kann ich da ja schlecht alleine im Sand buddeln. Im Burghof lassen wir es uns erst mal gut gehen, nachdem wir die Burg erkunden haben. Bevor wir wieder weiterziehen, besorgen wir uns am Ausschank noch zwei Flaschen Bier – das Gipfel- oder vielmehr Burgenbier. Für später, um die Moral zu heben und zu feiern.
Auf dem Weg zur nächsten Ruine wandern wir erst auf einem Höhenrücken weiter. Hier hätten noch Spuren eines ehemaligen Wehrturms (Karpf bei Weiler) sein sollen. Ein Vorwerk für die Burg Derneck. Wir haben’s nicht gefunden. Und auch wenn’s mir schwer fällt: ich muss loslassen. Ich sag ja: Es ist nicht leicht, ein Burgen-Nerd zu sein. Dafür steigen wir an einem steilen und interessanten Kreuzweg abwärts, um am Fuße des Hügels auf eine Schneckenfarm zu treffen. Eine Schneckenfarm? Ja, richtig gelesen. Trifft uns ja auch genauso unerwartet wie Euch. Dort wurden bis in die 1950er Weinbergschnecken gezüchtet. Eine Fastenspeise im katholischen Raum. Wusste ich vorher auch nicht – Mahlzeit!

Idylle und Einsturzgefahr
Wir sind erstmal eine lange Zeit im Lautertal unterwegs. Kommen durch ein paar kleine Dörfer mit Fachwerkhäuschen. Da entdecken wir das Pfründerhäuschen in Indelhausen. Ein total süßes Ferienhaus! Bald danach sehen wir endlich nach ein paar Windungen, linker Hand die Burg Schülzburg. Eine imposante Ruine, die aus einem alten mittelalterlichen Teil und einem Teil aus dem 18. Jahrhundert besteht. Leider ist sie momentan so baufällig, dass der Zutritt zu gefährlich und daher versperrt ist.
Ab Anhausen, das Dorf unterhalb der Schülzburg, beginnt der echt romantische Teil des Großen Lautertals, denn ab hier führt nur noch ein Feldweg durch das Tal. So stell ich mir die Schwäbische Alb auch vor. Die Straße zweigt ab und ist bald aus dem Sinn. Wir gehen vorher aber noch mal auf die rechte Seite der Großen Lauter entlang und erklimmen den wirklich steilsten Hügel der ganzen Tour. Der ist total dicht. Dicht bewaldet. Hechelnd kommen wir oben an und haben alle wedelnden Hände voll zu tun, die Mückeninvasion abzuwehren. Dazu kommt noch, dass wir erst nicht wissen, ob nun rechts oder links entlang zu gehen ist. Wir gehen links entlang. Gute Entscheidung, denn das erweist sich bald als richtig. Die drei Mücken auf meiner rechten Hand stört das nicht. Die schlürfen derweil genüßlich ihre Bloody Mary.
Wir sind den Hügel ja auch nur raufgeklettert, um dann einfach bloß wieder runter zu gehen. Ganz toll. Ich denk mir: Jammer nicht, Du gehst ja auch die Alpen rauf und runter und dass auch ohne eine einzige Burg am Weg. Und dann passieren wir eine Höhle. Die Gerberhöhle bei Hayingen. Die hatte den Menschen der Gegend jeher als Unterschlupf gedient. Allerdings nicht mehr heute, denn nun überwintern hier Fledermäuse. Nur, wir haben ja nicht Winter. Es ist Herbst und damit ist auch die Höhle fledermauslos. Darum steigen wir weiter ab, passieren ein kleines Klärwerk mit gerümpfter Nase und ihr ahnt es: Richtig, gegenüber geht es den Hügel wieder hinauf. Ein Auf und Ab ist das heute … puh.
So erreichen wir die Burgruine No. 5 – die Maisenburg. Quasi Halbzeit. Okay, Zeit die Ressourcen zu überdenken. Bier? Wird langsam warm. Kondition? Ist noch dabei und hat Spaß. Während ich nun in den Mauerresten herumhüpfe, wie ich das immer mache, legt sich Christian mal ab. Die Maisenburg liegt ja auch schön über dem naturbelassenem Lautertal. Die alte Burgruine ist frei zugänglich. Der neue Teil beinhaltet ein Hofgut und Hotel. Ich trotte weitläufig um das Areal herum, Christian kann noch ein wenig dösen. Früher war übrigens ein Ökobetrieb auf der Burg. Den kann man nun ein paar Kilometer weiter in Sonderbuch – Loretto finden. Wer auf Ziegenmilch, -käse und andere landwirtschaftliche Produkte steht, kann hier frohlocken und dabei Most trinken.

Burgen satt
Auf dem Weg zur nächsten Burg – na, eine geht noch – laufen wir durch Natur und Idylle. Christian trottet ein Stück vor mir ich schlendere hinterher. Irgendwie sind wir grade in so einer Ruhephase, müssen nicht reden, genießen nur die grüne Ruhe um uns herum. Für mich ist das immer so, als ob ich meinen Akku der Zufriedenheit aufladen kann. Weg von Zivilisation und Moderne. Nach einem guten Stück geht es linker Hand den Hang hinauf – durch den Wald. Wieder mal – wir sind es schon gewöhnt und holen ein Pärchen ein, dass schnaufend den steilen Kamm erklimmt. Da wir ja gut im Saft stehen, traben vorüber. Schnaufen danach auch wieder vernehmlich lauter, als die beiden Wanderer ein Stückchen hinter uns sind: Mann hat ja auch seinen Stolz. Und schließlich stehen wir vor einem fest gemauerten Turm, den eine metallene Wendeltreppe ziert: die Ruine Wartstein. Nur ist das kein Turm, dieses Monster aus Mauerwerk ist die Schildmauer und Bergfried in einem ist. Die Burg verlief auf der Hangseite – abfallend. Hier hatten die Grafen von Wartstein ihre Gerichtsstätte. Es ist aber nirgends belegt, dass hier die Übeltäter am „nächsten starken Ast einer Buche aufgeknüpft“ wurden. Obwohl, Buchen hat es hier jede Menge.
Auf dem Turm, der Mauerkrone, gibt es nun endlich das Gipfel-/Burgenbier. Eine kleine Wohltat. Gut, ich hätte auch eine halbe Sau gegessen. Aber Bier und Müsliriegel sind auch ein Fest. Und so schauen wir noch mal auf die Karte. Habe ich erwähnt, dass ich die Macke habe, auf allen Wanderkarten die Symbole für Burgen und Ruine mit einem roten Punkt zu markieren? Nein? Ja, das ist so. Entsprechend sehen alle meine Karten so gefleckt aus. Ist praktisch, um Burgentouren zu planen. Wir blicken ins Land und der Ausblick vom Turm, hoch oben über dem Tal, ist schon eine Belohnung.
Die nächsten zwei Ruinen im Lautertal warten. Wir halten uns nun leicht absteigend auf dem Hügelrücken Richtung Südost. Die Ruine Monsberg ist nur noch ein kläglicher Steinhaufen. Ein Mauerwerk hier und lose Steine dort. Man könnte gerade sogut auch nur den Pfad lang laufen, wenn man nicht aufpassen würde. Die Burg wurde bereits 1495 zerstört. Lange her, aber ich habe ja in den letzten Jahren ein geschultes Auge bekommen, wenn es um Anzeichen für Burgen, Ruinen und Burgställe gibt. Da entgeht mir nichts! Nicht mal eine Hüpfburg. Genau! Hier ist aber keine Hüpfburg. Nur Wald und fast keine Ruine mehr.
Von der letzten Ruine – St. Ruprecht – brauch ich gar nicht erst groß Reden schwingen. Diese Burg wurde im 11. Jahrhundert erbaut – sehr alt also. Allerdings schon vor 1200 zerstört. Außer ein kleines Schild am einem Baum und ein paar Unebenheiten im Boden und lose Steine, erinnert rein gar nichts mehr an sie. Wir sind allerdings am Scheitelpunkt der Tour angekommen und nun kommt uns in den Sinn, dass wir alles wieder zurücklaufen müssen. Puh!

Müde Beine und ein langer Rückmarsch
Wir steigen – zum x-ten mal heute steigen wir ab – queren die Große Lauter, um dann den Rückweg anzutreten. So richtig Rundwanderung ist das ja auch nicht, allerdings ist es auch nicht so schlimm – für mich. Kommen wir doch wieder annähernd an all den Burgruinen vorüber, die wir heute schon besichtigt haben. Einfach nur im Tal zurück zu laufen, den Blick nach oben auf die Burgmauern zu richten, die aus dem satten und friedlichen Wald hervorragen, ist für mich eine wenig wie zur Ruhe zu kommen. Hinzu die Anspannung und Vorfreude auf die Ruinen. Auf dem Rückweg die Zufriedenheit, dass ich alles gesehen habe. Ob Christian auch so denkt?
Vielleicht nicht ganz. Aber er ist bei mir. Zum x-ten mal auf Burgentour mit mir. Also irgendwie muss er da doch Gefallen dran finden, oder? Ich bin zufrieden, dass er bei mir ist und wir stapfen weiter. An Schafen und an einer Gänseschar vorüber, die uns mal ganz deutlich veranschaulicht, was ein Gänsemarsch eigentlich wirklich ist. Im weiteren Verlauf des Rückwegs, werden die Schatten dann stetig länger. Unsere Ausdauer kontinuierlich knapper. Da ist es: das mentale Loch. Ich quatsch jetzt einfach drauf los. Christian wirft mir mal skeptische, mal spöttische Blicke zu. Aber ich krieg ihn und wir ratschen und tratschen uns zielsicher zurück.
Die Sonne taucht manches Bild in einen warmen Farbton und schließlich sind wir auch schon bei Niedergundelfingen angelangt. Wir umrunden die Burg. Keiner von uns hat jetzt noch Lust, den Hügel hinauf zu gehen, um vor dem verschlossenen Tor zu stehen. Es geht einfach weiter, zurück nach Bichishausen. Wir sind müde, wir sind hungrig und die Füße fühlen sich platt an. Die Tour im Lautertal, war ein kleiner Traum von mir. Und mit Christian habe ich den verwirklicht. Das ist schon ein schönes Gefühl. Das ist auch die Tour: ein sehr schönes Erlebnis voll Geschichte, Natur und starken Eindrücken. Müde sitzen wir nun im Auto und schnaufen noch mal durch. Sind ein wenig erschöpft, aber stolz. Noch mehr vom Lautertal kann man echt nur mit dem Rad entdecken … hmmm, warte mal: Herausforderung angenommen! Wer macht noch mit???
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