Vom Mendelpass zum Monte Roén ist nicht irgendeine Tour in Südtirol. Mit seinen 2.116 m ist der Monte Róen der höchste Berg zwischen Mendelkamm und dem Trentino. Die Panoramaaussicht erstreckt sich über die Dolomiten, Bozen, die Brenta- und Ortlergruppe.
Wer in Ruhe Frühstücken möchte, der kann das in Ruhe machen und anschließend wie wir, mit der Standseilbahn zum Mendelpass hinauf fahren. Das spart schon mal ein paar Stunden Aufstieg. Wir haben es so gemacht.
Alles in allem eine ausgedehnte Genießer-Tour für die ganze Familie.
Tourensteckbrief
- Charakter:
Bergwandern (T2) - Anforderungen:
Kondition, Trittsicherheit - Start & Ziel:
Talstation Mendelbahn in Kaltern - Distanz: 20 km
- Reine Gehzeit: 6:00 h
- Höhenmeter: ↑ 935 m • ↓ 1.720 m
- Einkehr/Übernachtung: Jägerkeller nahe der Talstation
Etappen & Gehzeiten
- Gipfel Lavinaspitze (2:00 h)
- Refugio Malga di Roméno (2:50 h)
- Gipfel Monte Róen (3:35 h)
- Refugio Malga di Roméno (4:00 h)
- Talstation Mendelpassbahn (6:00 h)
Vom Mendelpass zum Bellavista
Die ersten 800 Höhenmeter zum Monte Roén legen wir ganz gemütlich mit der Mendelbahn zurück: von Kaltern bis hinauf zum Mendelpass. Aber keine Angst, der sportliche Abschnitt kommt noch! Der erste Wegabschnitt ist nicht besonders spektakulär – ein breiter Forstweg führt uns durch dicht bewachsenen Nadelwald vorbei an einer Hüttensiedlung. Genau richtig zum Warmlaufen. Aussicht gibt es bis zur Halbwegshütte nicht. Dafür aber am „Bellavista“, denn dieser etwas versteckte Aussichtspunkt macht seinem Namen alle Ehre.
Der Zugang liegt etwas verborgen und führt direkt hinter der Halbwegshütte (Rifugio Mezzavia) durch den Wald bis hin zu einer frei stehenden Felssporn. Hier genießen wir den grandiosen Ausblick auf den türkis-blauen Kalterer See, darüber die Leuchtenburg, wo es sich auch schön wandern lässt. Wir beobachten Gleitschirmflieger beim Starten. Auch uns gelingt schweren Herzens der Pausenabsprung, natürlich nicht in die Schlucht gen Abgrund, sondern zurück auf unseren Weg Richtung Gipfel.
Ab hier waten wir durch Altschnee. Das ist vielleicht auch einer der Gründe, dass uns unterwegs kaum jemand begegnet. Kalt ist uns aber nicht, die Sonne erwärmt die klare Luft und sorgt für fröhliche Stimmung.
Gipfelmomente am Monte Roén
Jetzt wird’s ernst: Der Weg wird deutlich steiler und der Schnee noch mal tiefer. Nach ein paar Kurven lichtet sich das Waldstück, vor uns liegt ein weißes fast unberührtes Schneemeer. Warum noch mal haben wir keine Schneeschuhe im Gepäck? Damit wären wir mit Sicherheit in null Komma nichts oben. Na ja, geht auch so.
Ein Wandersmann, der uns mit dünn besohlten Trekkingschuhen leichtfüßig überholt zeigt uns: Es kommt nicht auf die Schuhe an, sondern auf die Technik. Als ich mich umdrehe, um nach Alex zu schauen, sehe ich das erste Mal die phänomenale Aussicht.
Wie die wohl von ganz oben aussieht? Das ist auf jeden Fall ein Ansporn, für alle, die zum Endspurt noch mal verschnaufen wollen. Oben angekommen, bin ich einerseits von dem genialen Panorama beeindruckt. Aber andererseits stört mich irgendwie dieses mickrige Gipfelkreuz. Da hätte ich jetzt schon mehr erwartet. Aber egal.
Der Trekking-Schuh ist schon etwas länger oben und trocknet noch, während wir unsere wohlverdienten Semmeln genießen. Allerdings pfeift hier der eisige Wind ziemlich, sodass wir nach unserem halbstündigen Intermezzo schon wieder den Abstieg angehen.
Abstieg bis zur Jausen
Wir sind keine Freunde von langweiligen Routinen, daher wählen wir nicht denselben Weg ins Tal (die letzte Bahn hätten wir ohnehin nicht geschafft), sondern wählen den langen Abstieg über den Prazoller Steig. Technisch ist dieser Part tatsächlich etwas schwieriger, nachdem wir uns bei dieser Tour an breite Forstwege gewöhnt haben. Aber Panoramawege haben ihren Preis. So tauschen wir, nachdem wir die Refugio die Malaga hinter uns gelassen haben, den knöchelhohen Schnee gegen einen kurvenreichen, schmalen und steinigen Pfad.
So in etwa muss auch die Aussicht von den Paraglidern am Mittag gewesen sein. Unterwegs machen wir noch an der romantischen Jägerhütte Halt. Es ist sehr windig und wir blicken in das immer noch tiefe Tal hinab.
Nun müssen wir uns aber sputen, immerhin steht die Sonne schon tief. Das denkt sich auch der abenteuerlustige Mountainbiker, der waghalsig an uns vorbeirauscht, den schmalen, steilen Pfad hinab. Als wir um die nächste Kurve biegen, entdecken wir zum Glück nicht wie befürchtet den Biker am Baum kleben, sondern einen weiteren, ebenso akrobatischen Weggefährten.
Zwei weit aufgerissene Augen, zwei aufgestellte Ohren blicken uns entgegen: Eine Gams steht dort nahe einem Geröllfeld auf dem Pfad. Doch im nächsten Moment verschwindet sie schon wieder flink den Berg hinauf. Wie macht die das nur so leichtfüßig?
Langsam wird’s dunkler, der Wald verdichtet sich wieder und nachdem wir ca. zwei Stunden Pfad abwärts geschlängelt sind, erreichen wir den Eppaner Höhenweg. Technisch ist es jetzt zwar einfacher – kein Abgrund, kein Schnee – allerdings rennt uns die Zeit und das Licht davon, sodass auch wir einen Zahn zulegen müssen.
Hunger haben wir schon seit einiger Zeit und so beschließen wir gleich neben der Mendelbahn in den Jägerkeller einzukehren. Die Schinken- und Käseplatte und ein Schlückchen Wein haben wir uns redlich verdient