Das Kranzhorn – ein geteilte Gipfel

Am Westrand der Chiemgauer Alpen gibt es einen Gipfel, auf dem es zwei Gipfelkreuze gibt. Wieso? Dieser Gipfel ist geteilt, denn es läuft die Grenze zwischen Bayern und Tirol mitten durch den Berg.

Die Rede ist vom 1.368 Meter hohen Kranzhorn, das Sommer wie Winter ein aussichtsreicher und einfacher Wandergipfel über dem Inntal ist.

Tourensteckbrief

  • Charakter:
    Bergwandern (T2)
  • Anforderung:
    Kondition, Trittsicherheit
  • Start/Ziel:
    Parkplatz im Trockenbachtal (Erl)
  • Distanz: 9 km
  • Reine Gehzeit: 3:30 h
  • Höhenmeter: ↑ 500 m • ↓ 500 m
  • Einkehr/Übernachtung:
    Kranzhorn Alm (April – November)

Etappen & Gehzeiten

  • Kranzhorn Schutzhütte (1:30 h)
  • Gipfel Kranzhorn (2:20 h)
  • Kranzhorn Alm (2:30 h)
  • Wanderparkplatz (3:30 h)

Sehenswürdigkeiten

Kranzhornkapelle

Die gefiederte Kröte

Das Kranzhorn war mir bisher gar nicht bekannt. Dabei bildete das Kranzhorn, zusammen mit dem gegenüberliegenden Wildbarren, das Tor zum Inntalgletscher während der Würm. Zwischen den beiden Gipfeln ziehen sich der Inn und die A 93 Richtung Kiefersfelden und weiter nach Kufstein hindurch. Vom Wanderparkplatz, der im Sommer gebührenpflichtig ist, führt uns der Weg an ein paar Almen vorbei. In der ersten ist eine Almkäserei beheimatet, die im Sommer auch bewirtschaftet ist. Die Sonne im Rücken, pfeift der Wind uns hier unten schon um die Nase. Im Norden ziehen sich dunkle Wolken zusammen. Das wird wohl nichts mit einem sonnigen Gipfelaufenthalt. Und wir sind noch gar nicht so weit gekommen, als die Sonne ganz verschwindet.

Vorerst werden wir aber von der Geschichte der gefiederten Kröte, nahe der Spadau-Polzalm abgelenkt. Die besagt, dass es hier im Kranzwald „arme Seelen“ geben soll und davon nicht wenige. Diese toten Sünder müssen bis zu Ihrer Erlösung als verwunschene Tiere umher wandeln. So auch eine gefiederte Kröte, die in einer Kapelle im Wald eine Hirtin erschreckte. Die Hirtin stieß sie mit dem Fuß aus der kleinen Kirche. Darauf plusterte sich die Kröte auf und glich einem braun gefiedertem Huhn. Sprang auf den kleinen Altar und löste sich vor den Augen der Hirtin in Luft auf. Die Frau staunte da nicht schlecht. Hatte also eine „arme Seele“ die letzte Ruhe gefunden? Das sagt zumindest die Sage.

Oberhalb der Kranzhornalm – kleiner Vorgipfel. | Kranzhorn - Chiemgauer Alpen
Oberhalb der Kranzhornalm – kleiner Vorgipfel.

 Auf dem Kranzhorn – ein geteilte Gipfel

Die Tour führt uns über verschneite Serpentinen hinauf zur Schindlau Alm. Von hier haben wir schon einen recht guten Blick Richtung Spitzstein und sehen im Süden über dem Kaisergebirge blauen Himmel. Na super, die Sonne ist immer da, wo wir nicht sind. Na egal. Wir stapfen weiter durch den Schnee. Wenige Spuren sind noch zu sehen. Dann hören die plötzlich ganz auf. Antje und ich gucken uns an: Sind wir hier noch richtig? Ja sind wir. Zumindest denken sich das die Wanderer, die weiter unten unserer Spur folgen. Also biegen wir um die nächste Kurve und arbeiten uns weiter hinauf durch den Wald. Der spuckt uns nach ein paar weiteren Serpentinen auf einen Sattel aus. Keine Bäume mehr, dafür scheint aber plötzlich wieder die Sonne. Und so erreichen wir die Kranzhorn Schutzhütte. Die ist aber im Winter geschlossen. Also ziehen wir weiter auf einen kleinen Vorgipfel. Hier geht es steil bergauf und der Schnee ist am Südhang fast knietief.

Von hier ist der Blick ins Inntal traumhaft. Ich kann sogar vage die Festung von Kufstein erkennen. Geschultes Burgenauge sage ich nur. Der Blick schweift weiter bis zum Kaisergebirge. Dann meldet sich das Gewissen wieder: Wir müssen noch auf den Gipfel vom Kranzhorn. Und das machen wir dann auch. Wieder geht es steil hinauf, durch einen Waldstückchen. Die kleine Kapelle lassen wir links liegen und nach ein paar Schritten sehen wir den Gipfel. Antje freut sich wie ein Schnitzel. Ich auch, denn ich habe Hunger und jetzt ist Brotzeit angesagt.

Tirol wurde um 1805 von Napoléon Bonaparte an das Kurfürstentum Bayern abgetreten und Ende des Jahres wurde Bayern sogar noch zum Königreich proklamiert. Während des Tiroler Volksaufstandes fiel das Land 1814 wieder zurück an die Habsburger und damit an Österreich. Das Kranzhorn ist ein geteilter Gipfel. Hier verläuft die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Österreich, zwischen Bayern und Tirol durch. Und da ist es ja das mindeste, dass jedes Land sein eigenes Gipfelkreuz hat. Das hölzerne Kreuz von Tirol und eines aus Metall auf bayerischem Boden. Kurios finde ich. Zumal der Gipfel nur ein länglicher Felssporn ist. Zum Inntal hin fällt hier die Felswand ab.

Blick hinab ins Inntal - gegenüber der Wildbarren. | Kranzhorn - Chiemgauer Alpen
Blick hinab ins Inntal – gegenüber der Wildbarren.

Die Kranzhornkapelle

So sitzen Antje und ich eine Weile alleine auf dem Gipfel. Der Wind pfeift eisig von Norden. Der Tee wärmt. Jetzt weiß ich auch, weshalb die Leute hier das ganze Jahr hinaufgehen: Der Blick über das Inntal, rüber zum Wendelstein und sogar bis hinauf nach München. An klaren Tagen ist das ein Traum. Heute zumindest beeindruckend. Ich mache noch ein paar Fotos und irgendwann machen wir uns wieder auf den Rückweg, als es uns zu zapfig wird. Um 1500 nannte man angeblich das Kranzhorn „Kranzuhorn“. Manche sagen, dass der Name Kranzhorn daher rührt, dass durch den Gipfel die Grenze verläuft. Andere behaupten, es käme von dem Tiroler Wort für Wacholder „Khrantsn“. Unterhalb des Gipfels steht die Kranzhornkapelle. Sie soll aus dem 17. Jahrhundert stammen. Dort tragen wir uns ins Kapellenbuch ein, bevor wir den Abstieg durch den Wald, zurück zur Kranzhorn Schutzhütte nehmen.

Eigentlich wollten wir von dort über die Bubenau zurück zum Parkplatz. Allerdings hat der Südhang viel Schnee und der Weg ist nicht gespurt. Als Ortsunkundige wählen wir den Weg, den wir gekommen sind. Als Start in die Saison der Winterwanderungen ist das Kranzhorn eine klasse Wahl. Mir hat am besten der exponierte Gipfel gefallen. Wenn der Blick frei ist und der Wind um die Nase weht, da wird der Kopf wieder frei. Das tut uns ganz gut. Ist die staade Zeit inzwischen ja eher einer hektischen gewichen. Und vor allem hat es Lust auf mehr gemacht. Mehr Winter, mehr Berge. Einfach auf einen Bergwinter.

Bilder zur Tour