Pic de Campbieil Bergtour

Spektakuläres Bergerlebnis – Pic de Campbieil – Zentralpyrenäen 7/10

Der Pic de Campbieil ist ein spektakulärer 3.000er-Gipfel in den Zentralpyrenäen. Er gilt als wenig begangen, da der Anstieg mitunter anspruchsvoll und steil ist. Das Pyrenäenpanorama dort oben soll allerdings gigantisch sein! Es ist die letzte Bergtour in unserem Pyrenäen / Languedoc-Roussillon Urlaub.

Die Tour 30 aus dem Rother Wanderführer – Pyrenäen 2 scheint auch die größte Herausforderung zu sein. Jedenfalls fiebern wir schon seit der Urlaubsplanung diesem Tag entgegen.

Die Bergtour auf den Pic de Campbieil ist 11,5 km lang und dauert ca. 6 Stunden.

10. Januar 2013 von Alex

Tourensteckbrief


Strecke: 11,5 km

Gehzeit: 4:45 h (ohne Pausen)

Aufstieg: 920 HM

Abstieg: 920 HM


Start & Ziel

Parkplatz an der Staumauer des Lac de Cap de Long

Anfahrt Bahn/Bus: keine

Anfahrt Auto: on Saint-Lary-Soulan kommend auf der D929 Richtung Südosten fahren. Bei Relais de Meouvielle rechts auf der D929 bleiben und bis zum Stausee auf über 2.100 Meter folgen. 🔗Routenplaner


Gastronomie & Unterkunft

Gastronomie am Ziel: Le Garlitz – Café/Bistro


Etappen und Gehzeiten

Hinweg

Parkplatz Cap de Long1:20h
Cap de Long Gourg de Cap de Long0:55h
(2:15h)
Gourg de Cap de Long Hourquette de Cap de Long0:45h
(3:00h)

Rückweg

Hourquette de Cap de Long Cap de Long1:00h
(4:00h)
Cap de Long Parkplatz1:45h
(5:45h)

Variante bis auf den Gipfel:
Gourg de Cap de Long Pic de Campbieil Gourg de Cap de Long 1:15 h


anforderungen

Schwierigkeit: Anspruchsvolles Bergwandern – T3
Anforderungen: Stufe 3
Weg: Stufe 3
Gelände: Stufe 3
Gefahren: Stufe 2

Wegarten

Alpiner Weg: 2,5 km
17%
Bergwanderweg/Steig: 9,5 km
83%

Bergtour auf den Pic de Campbieil

Morgenstimmung am Cap de Long

ls der Wecker uns an diesem Tag aus dem Schlaf reißt, ist es draußen noch dunkel. Mein erster Gedanke: Kaffee! Gibt es leider nicht, das ganze Hotel schläft noch. Mein zweiter Gedanke: Wir besteigen heute unseren ersten 3.000er und das in den Pyrenäen – Wahnsinn. Jetzt bin ich hellwach und hibbelig. Wenig später sitzen Karo und ich in unserem lieb gewonnen Fiat 500 und kurven im Dunkeln auf die spanische Grenze zu. Richtung Tunnel Routier d’Aragnouet-Bielsa.

Vorher biegen wir aber ab und passieren die Seen Lac de L’Oule, Lac de’Orédon und jede Menge junge Wandersleute, die wohl eine ausgedehnte Tour um diese Seen vorhaben. Ist schon merkwürdig, so viele Leute: Ob da ein Event stattfindet? Wollen die auch alle auf den Pic de Campbieil?

Wir erreichen unseren Ausgangspunkt, den Lac de Cap de Long und sind schon auf 2.175 m. Er ist der größte See im Gebiet Néouvielle, mitten in den Pyrenäen.  Inzwischen wird es hell und wir werden von einem schönen Sonnenaufgang begrüßt. Ein traumhaftes Schauspiel. Aber es ist verdammt kalt.

Lac de Cap de Long

Dieser Stausee ist der zweitgrößte in den französischen Pyrenäen. Seine Fläche beträgt ca. 110 Hektar und die tiefste Stelle misst ca. 130 Meter.

Der Staudamm wurde zwischen 1950 – 1953 errichtet. Der See hat damit ein Fassungsvermögen von rund 67 Millionen Kubikmeter.

Vor dem Stausee lag an dieser Stelle der natürliche Gletschersee des Cap de Long und Lac de l’Oustallat.

Pic de Campbieil: Staumauer am Lac de Cap de Long
Die Staumauer am Lac de Cap de Long in 2.167 Meter Höhe.

Wir passieren bereits den abgelegenen Parkplatz für Wohnmobile, nachdem wir die paar Bistro Hütte am Staudamm hinter uns gelassen haben. Hier muss in den letzten Tagen ein ordentlicher Felsabbruch stattgefunden haben. Die Hälfte des Areals ist von großen Gesteinsblöcken überschüttet – da müssen wir erst mal dran vorbei.

Aufstieg zum Pic de Campbieil

Die erste Etappe führt uns einige Zeit oberhalb des Seeufers entlang. Es geht auf einem Steig gemächlich dahin, später dann steiler bergauf. Als wir dem See den Rücken zuwenden, blicken wir in eine wildromantische Szenerie: Felsen, Latschen und ein Gebirgsbach. Später weicht die Vegetation einer kargen Mondlandschaft mit Gräsern, Flechten, kaum Blumen und jeder Menge Geröll und Fels.

Das sind also die hochalpinen Pyrenäen. So richtig Zeit, um die Eindrücke auf mich wirken zu lassen, habe ich gar nicht. Der Weg entwickelt sich erst zu einem groben Geröllfeld und fordert Konzentration. Der Gipfel des Pic de Campbieil spitzt schon hervor.

Karo und ich sind vollauf damit beschäftigt, unsere Tritte mit Bedacht zu wählen. Gegen den immer stärker werdenden Wind kämpfen wir an. Und wir müssen uns im Gelände zurechtzufinden, um an einer geeigneten Stelle den Gebirgsbach Ruisseau de Cap de Long zu überqueren. Es gibt zum Glück einige Steinmandl, die uns helfen, den Weg zu finden.

Aber einen richtigen Weg gibt es nicht. Wir erreichen endlich das Plateau Cap de Long mit dem See – eher eine große Pfütze. Hier machen wir kurz Rast für einen Powerbar-Riegel und lassen die hochalpinen Pyrenäen stumm auf uns wirken. Momentan fühle ich mich wie in einem Hexenkessel: Die Felswände auf beiden Seiten drängen sich ins Bild.

Plötzlich poltert es in der Nähe ordentlich. Hört sich nach einem Felsabgang an. Unsere Augen suchen sofort automatisch die Felshänge um uns herum ab, entdecken aber nichts. Das ging zum Glück auf einer uns abgewandten Hangseite ab. Wir lassen den Tümpel hinter uns und kämpfen uns nun in Richtung Hourquette de Cap de Long hinauf. Der Wind ist inzwischen so stark geworden, dass wir mit Stöcken aufsteigen und uns regelrecht dagegenstemmen müssen.

Vorzeitiger Abstieg

Wir erreichen schließlich das Hochplateau Hourquette de Cap de Long. Jetzt habe ich wirklich das Gefühl, auf dem Mond zu stehen. Weißer Fels um uns herum und vor uns eine zerklüftete Gipfellandschaft mit breiten Schieferfeldern dazwischen. Wir sind inzwischen auf über 2.900 m und seit Beginn der Tour völlig einsam.

Nach längerem Spähen kann ich endlich ein paar Schafe ausmachen, deren Gebimmel ich schon eine Zeitlang höre, aber nicht ganz sicher war, ob mir die Höhenluft einen Streich spielt. Tut sie aber nicht: zum Glück! Alles bestens. Nur der Sturm zehrt an unseren Kräften – mehr als erwartet.

Und was jetzt folgt, hat mich einige Zeit beschäftigt. Karo und ich wechseln ein paar Blicke in der unwirtlichen Landschaft. Blicken hinauf zum Gipfel. Dorthin sind es noch fast 200 Höhenmeter. Oben erwartet uns ein Grat, den wir bei Sturmböen bewältigen müssten. Zweifel kommen auf.

Wir beantworten die Frage, ob wir noch auf den Gipfel de Pic de Campbieil steigen beide schweren Herzens mit einem Nein. Fällt mir sehr schwer, aber Karo hat die richtigen Argumente: Kraftreserven, Witterung, es ist rutschig und Zweifel nagen an uns. Wir müssen nichts erzwingen oder heraufbeschwören. Der Kompromiss: Wir gehen nun noch soweit hinauf, dass wir die 3.000er-Grenze überschreiten. Gesagt, getan und so kommen wir doch noch auf unseren 3.000er.

Pic de Campbieil

Mit seiner Höhe von 3.173 Metern zählt der Pic de Campbieil zu den höchsten Gipfeln der französischen Zentralpyrenäen.

Seine Erstbesteigung fand im Jahr 1848 statt. Ein Capitaine Loupot erklomm den Gipfel während seiner Vermessungsarbeiten.

Heute trifft man um den Gipfel meist Schafe, Gämsen, manchmal auch Schäfer, Jäger und Bergsteiger.

Pic de Campbieil: am Hourquette de Cap de Long
Am Hourquette de Cap de Long mit Blick zum Gipfel des Pic de Campbieil.

Wir kehren bei ca. 3.025 m um. Der Abstieg fordert schließlich wieder Kraft und viel Konzentration. Wir machen nur kurz Halt, um noch mal eine kleine Stärkung zu uns zu nehmen, bevor wir die nächste Etappe angehen. Karo träumt gerade von einem Teller mit Crêpes unten am Staudamm, als hinter uns ein Trailrunner auftaucht. Er rennt zwar nicht, ist aber deutlich schneller unterwegs als wir. Wow, denk’ ich mir. Und einen Moment überlegen wir, ob das nicht Steve von uptothetop.de sein könnte.

Wir erreichen schließlich wieder den Lac de Cap de Long. Ich merke, dass meine Konzentration für heute erschöpft ist und bin froh, als wir den Wohnmobil-Parkplatz erreichen, dass wir doch nicht die zwei Stunden mehr auf uns genommen haben, um den Pic de Campbieil zu erklimmen. Wir müssen den Felsabbruch passieren und erkennen jetzt erst, wie massiv der Berg hier abgebrochen ist: Bei so viel Naturgewalt kann einem schon mulmig werden

Das Bistro Le Garlitz hat auch tatsächlich offen, als wir es erreichen. Da setzen wir uns jetzt hinein und genießen unsere Belohnung: Crêpes und Tee. Wir sind schon ein wenig stolz auf uns, auch wenn wir das eigentliche Ziel nicht erreicht haben, so sind Karo und ich doch auf eine neue Höchstmarke gekommen und haben eine eindrucksvolle Landschaft erkundet.

Zudem haben blicken wir auf eine Woche Bergwandern in den Pyrenäen zurück. Und nicht zuletzt: Wir haben uns für weitere 3.000er-Touren ordentlichen Appetit geholt.

Fazit

Es war für uns eine sehr beeindruckende Bergtour zum Gipfel des Pic de Campbieil, die wir nicht vollständig abschließen konnten. Wir haben gelernt, im Zweifel Nein zu sagen, auch wenn der Gedanke, dass man hier nicht mehr herkomme würde, noch so nachhaltig an einem nagt.

Es ist aufgrund des Geländes sehr viel Konzentration notwendig, die auch für die Trittsicherheit wichtig ist. Selten sind wir auf so zerklüftetem Geröll gewandert. Also ist hier Kondition mental und physisch, Trittsicherheit und sehr gutes Orientierungsvermögen auf der kaum markierten Route notwendig.

All die Strapazen werden letztlich durch die atemberaubende Kulisse der Zentralpyrenäen vergessen gemacht. Und die Stille auf den einsamen Steigen, denn hier kommen wohl sehr selten Bergwanderer entlang.

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