Heute geht es von Burg zu Burg über den Zirmgrat, oder auch Zirmengrat genannt. Dabei überschreite ich auch die Grenze zwischen Bayern und Tirol und damit zwischen Deutschland und Österreich. Ich starte im Allgäu bei Pfronten, erklimme die Burgruine Falkenstein, der die höchstgelegene Burg Deutschlands auf seinen Schultern trägt und wandle dabei auf den Spuren des Märchenkönigs Ludwig II.
Über den Zirmgrat wandere ich dann Richtung Osten und habe fabelhafte Ausblicke zu beiden Seiten des Kamms. In Tirol steige ich schließlich über die Saloberalpe nach Vils ab und erkunde die Burgruine Vilseck (Vilsegg). Im Vilstal geht es im winterlichen Dämmerungsschatten entlang der Vils zurück nach Pfronten. Auf geht’s!
Hinweis:
Auch im Winter bei Schnee ist die Tour eine Freude. Dann sollten aber Grödeln oder auch Schneeschuhe mitgeführt werden – je nach Schneeverhältnissen.
Tourensteckbrief
- Charakter:
Bergwandern (T2) - Anforderung:
Kondition, Trittsicherheit - Start/Ziel:
Parkplatz Pfronten-Steinach - Distanz: 12,5 km
- Reine Gehzeit: 4:30 h
- Höhenmeter: ↑ 800 m • ↓ 800 m
- Einkehr/Übernachtung:
Burghotel Falkenstein • Saloberalm
Etappen & Gehzeiten
- Burg Falkenstein (01:20 h)
- Aussichtspunkt mit Bank (2:10 h)
- Saloberalpe (2:50 h)
- Burg Vilseck (3:25 h)
- Parkplatz Pfronten-Steinach (4:30 h)
Sehenswürdigkeiten
Burg Falkenstein • Burg Vilseck
Von Pfronten auf die Burg Falkenstein
Am westlichen Eingang zum Vilstal liegt der Ort Pfronten im Allgäu. Schon die Römer zogen einst durch diese Gefilde auf einer Versorgungsstraße zum nahen Cambodunum, dem heutigen Kempten. Bereits gegen Ende des 8. Jahrhunderts waren die Römer aber schon verschwunden und die Zeit der Karolinger war im Allgäu angebrochen. Ob das Tal während den Römern oder den Franken besiedelt war, kann bisher nicht belegt werden. Eins war sicher damals schon gewiss: Im Allgäu, vor den Toren der Tannheimer Berge, ist es besonders schön.
Vom südlichsten Ortsteil von Pfronten – Pfronten-Steinach – hab ich dann auch fast das Gefühl, dass ich vor den Resten eines riesenhaften Tors stehe: Linker Hand ragt der Felskopf des Manzenbergs mit einer ca. 400 Meter hohen Felswand empor. Auf seiner Krone thront auf 1.277 Metern Burg Falkenstein – wie ein Falkenhorst. Rechter Hand der Breitenberg. Ein langgezogener und 1.883 Meter hohe Felsgipfel. In dieser Kulisse stelle ich an einem sonnigen aber dennoch kalten Dezembermorgen mein Auto, am großen Parkplatz neben dem Bahnhof von Pfronten-Steinach, ab und mache mich an den Anstieg auf den Falkenstein.
Im Winter ist es nur oben auf dem Falkenstein und dem Zirmgrat angenehm, was die Temperaturen angeht. Eben da, wo die Sonne bisweilen drüberstreicht. Das Vilstal dagegen bekommt im Winter kaum Sonne ab. Die Vils, ein 34 km langer Zulauf des Lechs, der aus dem Vilsalpsee gespeist wird, trägt das ihre dazu bei, die Kälte im Tal zu halten. Nach der Zirmbrücke , die die Vils überspannt, beginnt der Anstieg zur Burg Falkenstein über 2,5 km rund 445 Höhenmeter. Der Pfad im Hangwald des Manzenbergs ist moderat. Nach ca. einer Stunde steht man am Fuß der schroffen Felswand am Falkenstein. Ein in der Horizontalen langgezogener Felsspalt erwartet mich.

Darin eine Marienstatue: die Mariengrotte im Falkenstein. Von ihr wird erzählt, dass im 19. Jahrhundert eine Frau aus Pfronten davon träumte, dass es eine Grotte im Falkenstein gäbe. Am nächsten Tag suchte sie den Pfarrer auf und berichtete diesem von ihrem Traum. Der Pfarrer organisierte eine Erkundungstruppe und so wurde die Grotte tatsächlich gefunden. 1889 wurde sie dann als Lourdes-Grotte ausgestattet. Heute zieren zwei große Statuen, die heilige Jungfrau Maria und die heilige Bernadette, die vom Pfrontner Bildhauer Theodor Haf geschaffen wurden, die Grotte. Von dem Platz an der Grotte geht es dann in ca. 15 Minuten auf den Gipfel zur Burgruine Falkenstein. Der Blick von dort oben ist fabelhaft. Im Norden das Burgenpaar Hohenfreiberg und Eisenberg, und weiter östlich der Hopfensee. Im Süden die Tannheimer Berge.
Die Idealburg des Königs
Die Burg Falkenstein im Allgäu ist mit 1.277 m die höchstgelegene Burg Deutschlands. Als Erbauer der Burg Falkenstein gilt der Augsburger Bischof Heinrich II. Er gab den Bau der Burg Falkenstein 1050 in Auftrag und wollte sich damit eine Zufluchtsstätte auf einem hohen und sehr schroffen Felsen errichten. Und als ob er es geahnt hätte, der Bischof Heinrich, war er schon sehr bald dringend auf die schützenden Mauern angewiesen. Er lag schon drei Jahre später mit dem Grafen Dietpold in Fehde. Der fand es nämlich gar nicht lustig, dass ihm eine seiner eigenen Grafschaften genommen und dem Heinrich übertragen wurde.
Dietpold stellte dem Augsburger Episkopaten ordentlich nach, dass der sogar angeblich sein Pferd mit den Hufeisen verkehrt herum beschlagen ließ, damit die Spuren im Schnee quasi von der Burg wegführten und den grimmigen Grafen und seine Kriegsknechten auf die falsche Fährte locken sollten. Der Augsburger Bischof soll auch in den folgenden Jahren immer wieder auf Burg Falkenstein geflohen sein. Beliebt war der ehrgeizige und gierige Bischof bei den Weltlichen im Allgäu bei Leibe nicht.

1803 ging dann das Hochstift Augsburg mit samt der Burg Falkenstein an den baierischen Staat. Ja, baierisch. Denn das Y in dem Namen Baiern wurde am 20. Oktober 1825 von König Ludwig I. angeordnet. Der war dem Griechischen sehr zugetan und wollte ein Ypsilon im Landesnamen. Außerdem war er der Großvater von Ludwig Otto Friedrich Wilhelm von Wittelsbach: Ludwig II., der Märchenkönig. Jener Märchenkönig hatte im Jahr 1869 den Bau des weltbekannten Schlosses Neuschwanstein im Allgäu beginnen lassen.
Dieser Neoromanische Bau ragt imposant am Fuße des Säulings über der Marienschlucht auf. Nicht so eine burgähnliche Villa wie sie diese industriellen Emporkömmlinge sich alle Nase lang hinstellen, wollte er. Ludwig II. wollte eine wahrhafte Ritterburg – im Zeichen des Historismus. 1886 war Neuschwanstein fertiggestellt. Aber er hatte schon im Jahr 1883 ein Auge auf Burg Falkenstein geworfen. Der Wunsch, nach einer noch weitaus prächtigeren Ritterburg brannte im bayerischen König.
1884 kaufte König Ludwig II. die Burg Falkenstein dem Hauptmann Gresser ab. Für die Prachtburg nahm er sich eine Bauzeit von 5 Jahren vor. Bis Ende 1884 war dann auch schon eine Straße bis unter den Burgfels gebaut worden. 1885 war im Tal ein Wasserhaus mit Leitung auf den Falkenstein errichtet worden. Der Bühnenmaler Christian Janke entwarf das Bild einer Ritterburg mit vielen Türmchen, Erkern, vielen Zinnen und reichlich gotischem Schnickschnack. Ludwigs Hofarchitekt wurde beauftragt Baupläne zu entwerfen. Die Pläne fielen bescheiden aus: Drei Zimmer, ein Saal und ein Turm.
Und so war dann auch die Laune des bayerischen Märchenkönigs: bescheiden. Denn er musste das ja eher als mickrige drei Zimmer, Küche, Bad Version empfunden haben. Naja, die königliche Kasse war leer, der zweite Entwurf des Architekten immer noch zu kleinkariert und überhaupt, es war zum Verzweifeln mit dem Falkenstein. Da entließ Ludwig II. kurzer Hand den Hofarchitekten. Der neue Architekt aus Regensburg gab bald auf. Ein monumentales Schlafzimmer wollte der Wittelsbacher Herrscher von ihm. Unmöglich! Die Grundfläche des Falkensteins konnte eine solch ausladende „Gralsburg“ gar nicht tragen. Viel zu gering war sie dafür. Und schon kamen die vermeintlich gelösten Geldsorgen des Königs wieder zurück. Letztlich fand das Bauprojekt an der Burg Falkenstein ein jähes Ende: König Ludwig II. starb am 13. Juni 1886 im Würmsee (heutiger Starnberger See).
Über den Zirmgrat zur Burg Vilseck im Vilstal
Von Burg Falkenstein geht es zurück zum Burghotel Falkenstein. Das stammt aus der Zeit um 1897. Zeit für einen Kaffee mit einem Stück Kuchen? Das bietet sich an. Da lässt es sich ein wenig sinnieren. Zum Beispiel über die Sage, nach der von Burg Falkenstein zur Burg Eisenberg im Norden, ein geheimer Gang führen soll. Ordentliche Leistung: Das wären so ca. 6 km Luftlinie. Naja, eher unwahrscheinlich, schon alleine wegen der geologischen Gegebenheiten am Falkenstein. Purer Fels. Beim Weitergehen vom Burghotel, geht es ein kurzes Stück über die alte Auffahrtsstraße. Nach der ersten Serpentine nach Links, zweigt ein Pfad ab und führt nach Osten, in den Wald hinein.
An sich ist es keine Gratwanderung, bei der man schwindelfrei und trittsicher sein muss. Die Felsköpfe umgehe ich, passiere dabei steile Felswände und komme auf die Kammkrone, um in das Vilstal zu schauen. Nach einiger Zeit führt der Pfad in die Sonne, aus dem Wald hinaus. Bis zum Ende des Zirmgrats wandere ich auf dem Kamm entlang und komme immer wieder an Holzbänken vorüber. Da ist es Zeit für eine Pause auf dem Zirmgrat, mit Tee und belegten Broten. Der Blick schweift über die Vilser Gruppe und hinüber in die Tannheimer Berge.

Ich finde ja, der schönste Aussichtspunkt mit Bank liegt am Ende des Zirmgrats. Von diesem Aussichtspunkt mit Bank habe ich auch einen tollen Blick ins Vilstal und zurück über den Zirmgrat, nach Westen. Die Sonne wärmt ein wenig mein Gesicht und ein Schluck Tee wärmt von innen. Unten im Tal liegt Schatten über allem. Dort ist es sicher schon kälter. Und da muss ich jetzt auch wieder hinunter und entlang der Vils, zurück nach Pfronten-Steinach. Also steige ich vom Zirmgart ab, durch einen Hangwald. Anfänglich leicht steil, schließlich über einen Absatz, runter zu einer großen Wegkreuzung. Unterwegs passiere ich immer wieder Grenzsteine von 1844, die die Grenze zwischen Bayern und Tirol kennzeichnen.
Vom Hangwald des Zirmgrats bis zur Saloberalpe führt ein Pfad, erst über eine Lichtung, dann über freies Terrain bequem über ca. 1,5 Kilometer. Von dort sind es dann noch mal knapp 1,5 Kilometer über einen Waldpfad bis zur Burgruine Vilseck (Vilsegg). Burg Vilseck stammt aus dem 12. Jahrhundert und wurde wohl von den Herren von Rettenberg erbaut. Deren Linie teilten sich in die von Rettenberg und von Vilsegg. 1263 wird mit Heinrich von Vilsegg das neue Geschlecht erstmals urkundlich erwähnt. Die Herrschaft Vilsegg war von jeher kemptisches Lehen. Ja ja, die Allgäuer eben. Bis 1709 war die Burg sogar noch bewohnt. Nicht vielen Burgen ist ein so rosiges Schicksal widerfahren. 1774 wird Burg Vilseck aber bereits als Ruine dokumentiert.
Ein Besuch ist sie allemal Wert, die Burg Vilseck. Von dort bin ich dann auch schnell unten am Ortsrand von Vils und im Vilstal. Anfänglich umgehe ich den Burgberg, passiere die kleine Kirche St. Anna und ein altes Gehöft. Der Blick über Vils, hinüber zum Säuling, dessen Flanken von Nebelschwaden umwabert sind, ist schon sehr stimmungsvoll. Lange Schatten und warmes Abendlicht, tauchen das Panorama in ein besonderes Farbspiel. Zeit sich auf den Rückweg zu machen. Im Schatten führt der Weg entlang der Vils. Mir wird richtig kalt, also zieh ich mir die Handschuhe wieder über und das Tempo an: Bewegung hält einen schließlich warm.
Auch wenn der Rückweg über eine Feldstraße führt, der Blick aus dem Vilstal hinauf zum Zirmgrat, dessen Kammkrone im warmen Licht des Abends liegt, zeigt meine heutige Tour aus einem neuen Blickwinkel. In der Ferne mündet der Zirmgart am Falkenstein. Dort muss ich hin. Das Vilstal zu durchschreiten braucht ein wenig Zeit und ich komme amNaturpark Tiroler Lech, mit dem Keltischer Baumkreis vorbei. Von hier sind es noch rund drei Kilometer zurück zum Parkplatz. Am Fuße des Zirmgrats und des Falkensteins passiere ich schließlich die Landesgrenze, bin zurück in Bayern, im Allgäu und überquere dann auch die Vils an der Zirmbrücke bei Steinach. Wieder einmal kann ich nur sagen: Burgentouren im Allgäu haben genau das gewisse Luftschubser-Etwas: Berge, Burgen … Outdoor. Tolle Tour, die Runde über den Zirmgrat! Das ist etwas für jede Jahreszeit!